Historische Fallstudien zum Wandel von Schul- und Unterrichtskulturen – SchiWaHist

Teilstudie der BBF im Rahmen des DFG-geförderten Projekts „SchiWa – Schule im Wandel“ zum Wandel von Schul- und Unterrichtskulturen seit 1970er Jahren

Projektbeschreibung

In der historischen Teilstudie des Projekts „SchiWa – Schule im Wandel“ wird die BBF mit schulgeschichtlichen Fallstudien den auf der Basis quantitativ-empirischer Daten zu belegenden Wandel von Schul- und Unterrichtskulturen zwischen Ende der 1970er Jahre und heute konkretisieren und historisch kontextualisieren.

Schule als gesellschaftliche Institution, die die Sozialisation und Qualifizierung nachwachsender Generationen übernimmt, ist seit langem ein zentrales Objekt bildungshistorischer Forschung. Die Entwicklung von Schulstrukturen und -systemen, von Lehrplänen und Curricula, von politischen Rahmenbedingungen und sozialen Funktionen von Schule kann als insgesamt gut erforscht gelten, wobei die Zahl der Forschungen abnimmt, je weiter man sich der Gegenwart nähert. Die im SchiWa-Projekt angestrebte kulturhistorisch perspektivierte und damit an schulischen „Sinnordnungen“ (Werner Helsper) interessierte Erforschung des Wandels von Schule und Unterricht ist inhaltlich und methodisch noch weitgehend Neuland – erst recht was die Zeitgeschichte angeht. Methodisch-theoretische Grundlage ist dabei ein deskriptiv-analytischer Begriff von „Schulkultur“, verstanden als begrifflicher Rahmen für schulische Diskurse und Praktiken, Interaktionen und Artefakte.

Über den jüngsten Wandel von Schulkultur(en) gibt es bislang mehr Vermutungen denn empirisch abgesichertes Wissen. Auch wenn Schule zwar als eine vergleichsweise konservative Institution gelten kann, in der bestimmte organisationale Grundmuster (Fächerkanon, Unterrichtsorganisation) im Sinne einer ‘Grammar of Schooling‘ relativ stabil sind und sich nur träge ändern, ist doch begründet zu vermuten, dass sich mit dem politischen, sozio-ökonomischen und kulturellen Wandel der letzten Jahrzehnte auch die Ausgestaltung schulisch-pädagogischer Beziehungen und Normen sowie pädagogischer Praktiken und Wissensordnungen verändert hat. Stichworte wie Bildungsexpansion und Individualisierung, Wertewandel und Migrationsgesellschaft, Liberalisierung und Autoritätsabbau, ökonomischer Strukturwandel und neue Steuerungsmechanismen beschreiben nur einen kleinen Teil der Dimensionen historischen Wandels, den die deutsche Gesellschaft seit den 1970er Jahren durchlaufen und der vor den Schultoren vermutlich nicht Halt gemacht hat. Ziel des Projekts ist eine Klärung der Frage, wie sich etwaige Transformationen von Schul- und Unterrichtskulturen in die allgemeinen historiographischen Deutungsmuster der jüngsten deutschen Geschichte nach dem „Strukturbruch“ der 1970er Jahre bzw. „nach dem Boom“ (Raphael, Doering-Manteuffel) einordnen lassen.

Ausgangspunkt der Analyse ist die 1978/79 an Gesamtschulen in Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen durchgeführte „Drei-Länder-Studie“ (DLS) von Helmut Fend, deren Daten mit den Daten einer 2023 durchzuführenden Follow-Up-Studie (FUS) an Schulen der älteren Untersuchung verglichen werden sollen. Durch schulhistorische Fallstudien werden die empirisch-quantitativ festzustellenden Veränderungen oder auch Stabilitäten historisch kontextualisiert und analysiert. Für die Fallstudien werden je zwei Schulen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ausgewählt, die bereits in der DLS-Studie mitgemacht hatten und deren Entwicklung in den letzten Jahrzehnten auf der Basis von archivalischen Materialien und aktuellen Zeitzeugen-Interviews nachgezeichnet werden kann. Der bildungshistorische Umgang mit zeithistorischen Sozialdaten ist methodisch noch recht unerprobt, da die Daten aus ihren ursprünglichen Entstehungskontexten herausgelöst, kontextualisiert, re-analysiert und für die historische Interpretation mit anderen Quellensorten und Materialien verbunden werden müssen. Die besondere methodische Herausforderung im Projekt besteht daher darin, quantitative Vorgehensweisen, empirische Schul(kultur-)forschung und historische Rekonstruktion – in interdisziplinär herausfordernder Weise – so miteinander zu kombinieren, dass die Entwicklung von Schul- und Unterrichtskultur(en) in historisch gehaltvoller Weise beschrieben und analysiert werden kann.

Finanzierung

Die Studie wird als Teil des Projekts SchiWa – Schule im Wandel von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Kooperationen

Projektleitung

Projektteam

Projektdaten

Projektart: Drittmittelprojekt
Status:
Laufendes Projekt
Laufzeit:
11/2022 – 10/2025
Forschungsfeld: Pädagogisches Wissen – Institutionen, Praktiken und Akteure
Kontakt: Julia Kurig