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Autor*innen: Schneider, Wolfgang; Hasselhorn, Marcus
Titel: Frühe Kindheit (3-6 Jahre)
Aus: Schneider, Wolfgang; Lindenberger, Ulman (Hrsg.): Entwicklungspsychologie, Basel: BeltzPVU, 2012 , S. 187-209
Dokumenttyp: 4. Beiträge in Sammelwerken; Sammelband (keine besondere Kategorie)
Sprache: Deutsch
Schlagwörter: Emotion; Familienbeziehungen; Frühe Kindheit; Gedächtnis; Kindertagesstätte; Kognitive Entwicklung; Körperliche Entwicklung; Leistungsmotivation; Motivation; Motorische Entwicklung; Peergroup; Soziale Beziehung; Soziale Entwicklung; Sozialisation; Sprache
Abstract: Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren zeigen schon deutliche Anzeichen von Leistungsmotivation, wobei sich in
mehreren Studien zur Leistungsvorhersage ein interessantes Ergebnismuster bestätigt hat, wie es in der folgenden
Episode zum Ausdruck kommt. In einer Untersuchung des Erstautors mit 4- und 6-Jährigen sollte von den Kindern
vorhergesagt werden, wie viele von insgesamt zehn Tennisbällen sie in einen Eimer werfen könnten, der etwa drei
Meter entfernt aufgestellt war. Peter war als Erster an der Reihe und schätzte, dass er alle zehn Bälle im Eimer
"versenken" würde. Es wurden dann aber nur drei Treffer, was ihm auf Nachfrage hin auch deutlich bewusst war.
Vor dem zweiten Durchgang wurde er wieder befragt, wie viele Treffer er nun wohl landen würde. Ohne zu Zögern
antwortete er: "Es werden jetzt zehn!" De facto wurden es nur vier, was ihm wenig auszumachen schien. Dieses
Frage-Antwort-Spiel führte bei den meisten 4-Jährigen der Studie zu sehr ähnlichen Ergebnissen, zeigte also in der
Regel deutliche Leistungsüberschätzungen, die auch nach praktischen Erfahrungen kaum reduziert wurden. Sollten
die 4-jährigen Kinder diese Vorhersagen jedoch für ein anderes Kind machen, das sie vorher bei der Ausführung der
Aufgabe schon beobachtet hatten, waren die Prognosen erstaunlich realistisch. Dies deutet darauf hin, dass in der
Altersgruppe der 4-Jährigen Wunschdenken noch sehr einflussreich ist und Kinder dieses Alters möglicherweise
egozentrisch denken. Auch wenn sich die 6-Jährigen bei dieser Aufgabe ebenfalls überschätzten, waren die
Abweichungen zwischen Prognose und Leistung bei Weitem nicht so groß. Der Einfluss des Wunschdenkens
scheint also in der Vorschulzeit allmählich abzunehmen, der Realitätssinn dagegen zuzunehmen. Der hier
beispielhaft illustrierte Optimismus von Vorschulkindern korreliert mit bedeutsamen Fortschritten im Bereich
der körperlich-motorischen, geistigen, emotional-motivationalen wie auch sozialen Entwicklung, was im Folgenden
dokumentiert werden soll.
DIPF-Abteilung: Bildung und Entwicklung